Das was da ist.
Wonder Woman erzählt die Geschichte der Amazonen Prinzessin Diana von Themyscira. Behütet auf einer durch einen göttlichen Zauber versteckt gehaltenen Insel aufgewachsen, interessiert sie sich – als einziges Kind auf der Insel – bereits früh für die Kampfkünste der Erwachsenen Amazonen. So kommt es, dass Diana zur fähigsten Kriegerin ihrer Art ausgebildet wird. Dabei verfügt sie als Halbgöttin bereits über mythische Waffen, einer herkulesgleichen Körperstärke, einem unermesslich langem Leben und einer außerordentlichen Heilkraft. Jahre später, während der Endphase ihrer Ausbildung – in der Zeit des 1. Weltkriegs – landet per Zufall der britische Spion Steve Trevor auf der Inseln. Dieser befindet sich auf der Flucht vor dem deutschen Kaiserheer und berichtet den Amazonen vom Ausbruch eines globalen Krieges der Maschinen. In diesem Krieg sieht Diana das Werk des Gottes Ares, dessen Ziel es ist, die Menschen so zu beeinflussen, auf das diese sich selbst vernichten. Dabei ist es die durch Zeus auferlegte Bestimmung der Amazonen – wenn gleich unwissend, im besonderen die von Diana – eben jenen Gott des Krieges eines Tages zu töten. Im Lichte der Erkenntnis schließt sich Diana Trevors Kampf gegen die Deutschen an. Dieser vereint daraufhin eine kleine Gruppe von individuellen Kämpfern und führt anschließend Diana zum Krieg an die französisch-deutsche Westfront, in dessen Kriegsgeschehen beide gravierend eingreifen. So sucht, findet und stellt sich Diana ihrem Feind Ares, währenddessen Trevor eine von den Deutschen – unter der Führung um Dr. Isabel Maru und General Ludendorff – konzipierte Geheimwaffe aufspürt, mit welcher diese, noch im allerletzten Moment, die entscheidende Wende für Deutschland herbeiführen wollen.
Der Mensch: Wundervolle Speerspitze, grausame Krankheit oder liebendes Monster.
Private Full-Metal-„Joker“ sprach einmal von der Dualität des Menschen, zusammengefasst ist es genau das, was in Wonder Woman thematisiert wird! Demnach sind Zeus' Menschen wie er, stark, gerecht, gut und leidenschaftlich, aber eben auch, durch das Zutun seines Sohnes Ares, missgünstig, argwöhnisch und kriegerisch. So besteht fortan, in der irdischen Gesellschaft, ein ewiger Kampf zwischen den Facetten der menschlichen Natur. In die Realität übertragen, ist dies ein Kampf, den die alten Griechen durch unzählige Allegorien zum Ausdruck gebracht haben. Und in diesem Verhalten, das darzustellen was so essentiell, so evolutionär in uns tobt, ist unsere heutige, neue, reifere, pluralistische, laizistische, säkularisierte und mutmaßlich humanistische Gesellschaft der damaligen vollkommen gleich. Nur kämpfen heute nicht Götter gegen Titanen oder Engel gegen Dämonen, sondern Superhelden gegen Superschurken. Wobei sich ganz speziell in DCs Wonder Woman beides überlagert. Die griechische Mythologie der alten und die cineastischen Meta-Wesen der neuen Tage. Beides wird zusammengeführt, wodurch sich Analogien erschließen lassen. Ganz ähnlich wie es das auch bei Marvels Thor der Fall ist, nur das sich hier die Schöpfer aus der nordischen Mythologie bedienen. Sicher, es ist auch vieles anders, zum einen sind wir uns der Nicht-Existenz dieser Wesen bewusst und zum anderen benutzen wir sie nicht, um uns die Welt zu erklären, aber dennoch erfüllen sie ähnliche Funkten. Sie unterhalten uns, entsprechen unserem Wunsch der Realität zu entfliehen, befriedigen unser Streben nach Höherem und geben eben jenem inneren Konflikt in uns allen seinen Ausdruck! Es ist eine nie enden wollende, Länder und Generationen übergreifende Auseinandersetzung mit uns selbst, die helle und die dunkle Seite in einer Person. Denn wir sind und waren immer beides zugleich, Erbauer auf der einen und Zerstörer auf der anderen Seite. So ist es unter anderem Chief Napi – das indianische Mitglied der kleinen Gruppe um Wonder Women – der verdeutlicht, das unsere britisch/amerikanischen Helden zu jenem Volk gehören, welches einstmals seinem Volk alles geraubt hat. In dieser Welt muss sich Diana nun entscheiden, soll sie das wundervolle im Menschen schützen oder der grausamen Kehrseite dieser bipolaren Wesen freien Lauf lassen, auf das sie sich selbst vernichten und alles mit sich ins Verderben reißen. Schließt sie sich Ares dem eigentlichen Puppenspieler dieses 1.Weltkriegs an, der die Menschen gegeneinander Aufhetzt, ihnen souffliert, gefallen an Krieg und Blutgier findet und geradezu spöttisch, in der antithetischen Gestalt des Friedensboten Sir Patrick, das Geschehen nach seiner Fasson beeinflusst, oder folgt sie als Zeus Tochter, Prinzessin der Amazonen und personifizierter Gotttöter ihrer Bestimmung und vernichtet ihren Bruder. Die Antwort darauf findet sie in der Liebe. Es ist eine kurze Liebe mit nur einem Wimpernschlag der Glückseligkeit und doch führte sie Diana zu jener Erkenntnis, die wir bereits mit den ersten Worten des Films – in Form eines Voice-overs – präsentiert bekommen. Demnach war es schon immer ihr bestreben die Welt zu retten, da es ein wunderschöner Ort voller Magie und Wunder ist und somit in jeder Hinsicht es wert geschützt und gerettet zu werden. Es ist eine teuer erkaufte Erkenntnis des Erwachsenwerdens, denn nur in dem sich ihr Geliebter Steve Trevor selbst opfert, beweist er ihr, wie gutherzig, mutig und selbstlos die Menschen seien können und wie wundervoll und zerbrechlich die Liebe ist. Heroisch entfesselt daraufhin der Schmerz ihre ganze durch Zeus gegebene Macht, wodurch Sie, mit dieser fast erhabenen Übermacht, das Schicksal ihres Bruders Ares endgültig besiegelt und die Menschheit von seinem Zutun befreit. So kommt es, das Trevors Vordeutung sich erfüllt, er durch sein Opfer den Tag und sie durch ihren Verlust die Welt rettet. Was bleibt ist der Wille zu helfen, ihr Wissen über die menschliche Unvollkommenheit und die Liebe in ihrem Herzen. Eine Liebe die sie auch nach 100 Jahren noch in sich trägt. Momente und Erinnerungen an einen magischen Abend, an einen Tanz im Schnee, an eine laue Dämmerung im Schatten des Sieges, an einen Gedanken über einen gemeinsamen Lebensweg und an eine besondere Nacht vollkommener Nähe.
Captain Wonder oder: Wie ich DCs Herz fand.
Müsste ich für mich ganz persönlich einen Titel finden, für das was ich bei Wonder Woman gefühlt und gedacht habe, dann wäre es wohl – in Anlehnung an einen Stanley-Kubrick-Klassiker – „Captain Wonder oder: Wie ich DCs Herz fand“! – Da ist etwas Neues, etwas Besonderes, etwas, was die Vorgänger innerhalb dieses DC „Cinematic“ Extended Universe nicht waren oder nicht sein konnten. Und dieses Besondere, könnte sich, analog zu Marvels Captain America und dessen Funktion innerhalb der Avengers, zum zentralen Herzstück einer neu entstehenden Justice League entwickeln. Denn deren Fall oder Aufstieg ist womöglich davon abhängig, ob die Motive der Gruppe nachvollziehbar und oder die einzelnen Charaktere vielschichtig sind. Doch gelingt uns der tiefe emotionale Zugang zu einem Film meist nur über eine einzige Figur, was im Ensemble-Kino der heutigen Zeit gar nicht so einfach und eben etwas Besonderes ist. Was aber macht diese zunächst nur gefühlte Besonderheit ganz konkret aus? Diana ist als Tochter der Amazonen-Königin Hippolyta, als Wesen mit besonderer Heilkraft und langem Leben und als einziges Kind im Staate – Männer existieren in der Bevölkerung nicht – sehr behütet und umsorgt aufgewachsen. Bereits als Kind ist sie mutig, ungestüm und sorglos. Existenzängste, Sicherheitsbedürfnisse oder soziale Anerkennung kümmern sie nicht, wodurch sie sich ganz nach der Maslowschen Bedürfnishierarchie, der eigenen Selbstverwirklichung zuwenden kann. Diana liebt die körperliche Auseinandersetzung und sieht sich, im Namen alles Guten auf der Welt, als geborene Kriegerin, was dazu führt, dass sie sehr schnell und schicksalhaft ihre Berufung in ihrer durch Zeus auferlegten Bestimmung findet. Dabei ist Wonder Woman kein Mensch, kein Mutant und auch keine Kryptonische Außerirdische, womit sie auch nicht mit deren Schwächen belastet ist. Nein, Wonder Woman ist als Tochter des Schöpfers eine Halbgöttin, in der es nach Freuds Instanzenmodel und im Gegensatz zu den Menschen, nur ein einziges, allumfassendes sowie ausschließlich nach dem Moralitätsprinzip handelndes Über-Ich geben kann, geben darf, und aus genau dieser Tatsache heraus definiert sich diese für mich so wohltuende Besonderheit. So ist ihr Naturell in jenem Punkt vielleicht eindimensional, könnte uns aber auf diese Weise den alles entscheidenden, emotionalen Zugang ermöglichen, in dem sie am hellsten Tag und in schwärzester Nacht, für eine charakterlich in allen Grautönen schattierte Justice League, der eine Kompass ist, der niemals seine Richtung verliert. Das Bildnis einer lebenden Legislative, welche erst in der Gruppe ihr ganzes funktionales Potential entwickelt. Ein kompromissloses Bollwerk unabänderlicher Wertevorstellungen mit einem stets kämpferischen Verantwortungsbewusstsein. Das Gleichgewicht in der Mitte, welches die einzelnen Strömungen zusammenhält und sie moralisch wieder erdet. Das schlagende Herz einer pluralistischen Liga für die Gerechtigkeit, welches alle Mitglieder fest in der Gemeinschaft vereinigt, sie antreibt und ihnen ein Licht in absoluter Dunkelheit ist. All dies zu sein, gibt Wonder Woman das Potential, den abgestumpften Zuschauer zu packen, ihn fest an sich zu binden, auf das er empathisch untrennbar mit dem anstehenden Kanon verbunden ist, er mitfühlt, mitleidet und das wohl besonders auch in jenen Momenten, in denen sie scheitert.
Captain Wonder oder: Wie ein Vergleich sich aufdrängt.
Dabei drängt sich auf den zweiten Blick ein intensiver Vergleich zu Marvels Captain America förmlich auf! Denn DCs Wonder Woman könnte für die Justice League das sein, was Marvels Captain America moralisch für die Avengers bereits ist, jedoch emotional niemals erreicht hat. Dabei lohnt der Vergleich zwischen gerade diesen beiden Superhelden, deren Ähnlichkeit sich auf den ersten Blick gar nicht erschließt. Ihre in Comics und Zeichentrickserien verankerten Rollengefüge lassen jedenfalls nicht gerade viele Übereinstimmungen aufleuchten und doch gibt es – innerhalb der neu entstandenen, cineastischen Universen von DC und Marvel – Parallelen auf den unterschiedlichsten Ebenen. Wenngleich man darauf achten sollte, nicht dem Denkfehler der Confirmation Bias zu erliegen, in dem man nur Fakten herausfiltert, welche auch der eigenen These entsprechen. Dennoch, in der Figurenkonstellation haben beide das Potential die moralische und leitende Führerschaft der jeweiligen Gruppen zu übernehmen. Bei Captain America ist dies sogar sein traditionelles Rollenbild, wenn hier nicht Iron Man alias Tony Stark, aufgrund seiner besseren, technischen Planungsmöglichkeiten, selbige Position beanspruchen würde. Bei Wonder Woman hingegen ist dies leider nur mein begründeter Eindruck, denn diese Funktion wird derzeit von Batman alias Bruce Wayne übernommen und das mutmaßlich auch nur wegen der besseren, technischen Möglichkeiten eine Strategie zu erarbeiten. Was aufgrund seiner eigenen Ambivalenz und Figurenkonzeption als Außenseiter, nicht unbedingt eine weise Entscheidung war. Weiter sind beide Zeitlich ähnlich verorte. Diana wie auch Steve Rogers alias Captain America stammen aus einer vollkommen anderen Ära. Diana machte ihre ersten Erfahrungen im ersten Weltkrieg und kämpfte an der Seite von Engländern und Amerikanern gegen das deutsche Kaiser-Heer. Analog dazu kämpfte Steve erstmals im Zweiten Weltkrieg an der Seite seiner amerikanischen Kameraden gegen das deutsche Nazi-Heer. Als Randnotiz sollte dabei vermerkt werden, dass die Deutschen sich hier wie da, immer durch die Einnahme von Cyanid ihrer Verantwortung entziehen. In beiden ersten Teilen – Wonder Woman 2017 und Captain America: The First Avenger 2011 – gibt es in der Mitte des zweiten Aktes eine Barszene, in denen die jeweiligen Romanzen ihren Höhepunkt finden, obgleich dieser bei Captain America einfach verstreicht, ihn hingegen Wonder Woman ergreift und unsterblich macht. Letztendlich verlieren sie aber beide ihre große Liebe und sind seit dem emotional an die Vergangenheit gekettet. Diana und Steve nutzen beide ein rundes Schild, mit dem sie nicht selten, allein als Phalanx, in erster Linie stehen und verwenden dieses auch ähnlich als Schlag- und Schuss-Werkzeug. In der Gesamtheit sind beide Werke zudem eher ruhige Filme, die Actionszenen sind nur punktuell angesiedelt und verkommen somit auch nicht zum reinen Selbstzweck. Sie nehmen sich viel Zeit für die Exposition und für die Einführung ihrer Charaktere und überführen am Ende ihre Protagonisten aus der Vergangenheit in die Gegenwart. Schlussendlich sind es aber besonders die jeweiligen Charakterisierungen und Figurenkonzeptionen welche die entscheiden Gemeinsamkeiten hervorbringen. So sind beide außergewöhnlich mutig, gutherzig und aufopferungsvoll. Steve wirft sich – noch vor seiner Umwandlung zum Metawesen – auf eine Handgranate, um die anderen zu schützen und dies ohne dem Wissen, dass es sich hier um eine Attrappe handelt. Gleichermaßen macht sich Diana, aus dem Schützengraben heraus, auf den Weg über das Niemandsland, und dies, im erst Tage zuvor schmerzlichst erlangten Wissen, dass eine Kugel auch eine Amazone töten kann. Beide sind eher Typen, geschlossene Figuren die gerade dadurch den etwas komplexeren und offenen Figuren ein Richtmaß seien können. Dabei ist es ganz außerordentlich, und die eigentliche Leistung der Menschen hinter diesen Projekten, dass gerade diese zwei Figuren, diese einstigen Kinderhelden – bei denen allein der Namen schon, eine ernsthafte Auseinandersetzung verhindert – die vor Kitsch, Naivität und Pathos nur so trieften, die Kurve bekommen haben, sich erfolgreich transformieren konnten, hin zu einer glaubwürdigen, erwachsenen und zeitgerechten Adaption.
Spiel mir das Lied vom künstlichen Tod, für ein paar Dollar mehr, ein paar CGIs weniger
und High Noon, welch ein Hero Shot.
Wie sagte Charlie Wilson so richtig: „Diese Dinge sind geschehen. Sie waren glorreich und veränderten die Welt. Doch dann versauten wir das Endspiel.“ Heutzutage schließt sich bei amerikanischen Filmgroßprojekten nach dem Drehschluss, oft eine einjährige Postproduktion an, welche durch computergenerierte Bilder den Film erst komplettiert. Doch wie sehr ich auch an diese dann erst entstehenden Illusionen glauben möchte – ganz im eskapistischen Geiste meiner Generation – ich falle immer wieder in dieses Mythen umwobene Uncanny Valley! So könnte ich weinen, wenn Toy Storys Buzz Lightyear erkennt, dass er niemals wird fliegen können, ebenso, wie ich im Gegensatz dazu, vollkommen gleichgültig Tom Hanks dabei zusehen könnte, wie er im Polarexpress Richtung Nordpol fährt. Mir fehlt der Zugang, denn ich kaufe es ihm nicht ab, Ich zu sein! Kurzum, mehr haptische Wahrheiten hätten auch Wonder Woman gutgetan! Wie sehr beeindruckt mich heute noch die mechatronische Alien-Queen von 1986 und wie wenig der Computer generierte Alien-Dog von 1992. Gleichermaßen wäre es auch hier großartig gewesen, eine echte Rüstung an Ares seinem Körper zu fühlen, die Schwere, das mit Blech beschlagene Leder und den Umstand sie tragen zu müssen. Oder die ganze Wucht eines realen Panzers zu spüren, wie er zerfetzt, zerdrückt und aufgesprengt wird, und sei es in der Umsetzung auch nur durch eine realistische Attrappe. Wie viel Gewalt transportiert der Überschlag eines Trucks in Christopher Nolans „The Dark Knight“ und wie wenig die umherfliegenden Autos in Zack Snyders „Batman vs Superman“. Wie viel Kraft steckt in einem explodierenden Wolkenkratzer in John McTiernans „Stirb langsam“ und wie wenig in einem zusammenbrechenden Hochhaus in Zack Snyders „Batman vs Superman“. Auch Wonder Womans Sprung aus dem Schützengraben, verrät durch die unnatürlichen Bewegungsharmonien, sofort seinen vollkommen computergenerierten Ursprung. Eine echte Stuntfrau, herauskatapultiert und an Seilen hängend, hätte hier dem Geschehen unterbewusst Glaubwürdigkeit und Authentizität verliehen. Wobei CGI in dieser Situation gern zum entfernen der Kabel hätte genutzt werden können. Zudem könnten die Bilder dann auch in Würde altern, ohne mit der Zeit – abhängig von unserer Sehgewohnheiten – immer besser als Fälschung entlarvt zu werden. Dennoch, ab und an – besonders dann, wenn computergenerierte Bilder in ihrer vielleicht Besten Form, als rein unterstützendes Werkzeug eingesetzt werden – entspringt aus den Hochleistungsrechnern Hollywoods, vielleicht noch nicht der Fluss des echten Lebens, doch aber etwas mitunter ganz und gar einmaliges, großartiges und beeindruckendes. So zählt Wonder Woman für mich zu eben jenen Filmen, in denen dies passiert ist. Alles war wie immer, nette künstliche Landschaften, ein erstklassiger – weil abstrakt gehaltener – griechischer Götter-Prolog und ein gut wiederbelebtes London um 1918. Doch dann folgt etwas ganz außergewöhnliches. Das was ich zu sehen bekam, konnte ich unmöglich mit einem Komparativ beschreiben. Es war der vielleicht heroischste, epischste und zugleich verletzlichste Hero Shot der Filmgeschichte. Ausgedehnt auf eine ganze Szene, sorgte er für unvergleichliche Gänsehautmomente. Dabei spielten natürlich eine ganze Reihe von anderen Elementen eine tragende Rolle. Die CGIs und Soundeffekte erzeugten lediglich die Spannung. Ermöglichten die im Zeitraffer fliegenden Kugeln, die sehr nahen Explosionen und den unmöglich haptisch zu realisierenden Kugelhagel. Hinzu kommt natürlich das präsente center framing, die Filter, die über den Dialog implizierte Gefahr – das Niemandsland zu überqueren wäre unmöglich – und vieles mehr. Doch das alles wäre bedeutungslos, würde nicht zu Beginn Gal Gadots sensibel transportierte Verletzlichkeit und Ängstlichkeit im starken Kontrast zu eben jenem Hero Shot stehen. Wobei diese Emotionen dann auch mimisch wundervoll überwunden und in Angriffslust umgewandelt werden. Klar, man muss sich darauf einlassen. Man muss den Rest an Kitsch der dem Charakter anhängt runter schlucken. Die Eindimensionalität annehmen und wenn eine weiße Frau, in einer grauen Welt, den schwarzen Feind sucht, auch eine gewisse Naivität ausblenden. Obgleich einem dieses Denkschema in der Realität erstaunlich oft begegnet. Und selbst dann, wird der passionierte Ingmar Bergman Fan vielleicht kalt mit den Schultern zucken. Für bestimmt Filme und Genre muss man eben offen sein, ganz so, wie es Bastian ist, als ihm Herr Koreander das Buch der Unendlichen Geschichte gibt.
Das was bleibt.
Im Fazit gehört Wonder Woman für mich zum Besten was filmisch 2017 das Licht der Welt erblickt hat. Gal Gadots Interpretation wirkte kraftvoll, kämpferisch, wild, sowie in den richtigen Momenten auch verletzlich und hilflos. Ihre Wonder Woman ist stark und zugleich auch feminin, wodurch Diana nicht zu einem Mann im Körper einer Frau entartet. Sie setzt keine übertriebene Gewalt ein, bleibt menschlich und mitfühlend, jedoch auch konsequent in ihren Überzeugungen. So muss der vermeintliche Ares Ludendorff sterben, ohne Chance auf Vergebung. Letztendlich ist sie damit vielleicht doch eine komplexere Figur als ich es zunächst vermutet habe. Es wäre interessant zu sehen, was passiert, wenn Wonder Woman instrumentalisiert werden würde. Ich bin der Meinung, wer auch immer ihr Herz gewinnt, der gewinnt damit vielleicht auch ihre Überzeugungen. Denn für das Gute, Gerechte und gegen die Tyrannei, kämpft man zumeist auf beiden Seiten der Front. Letztendlich war es wohl die beste und klügste Entscheidung DCs, den Regieposten mit Patty Jenkins an eine Frau zu übergeben. Wahrscheinlich ist ihr die entstandene Feinfühligkeit zu verdanken, ganz anders, als es vielleicht Tim Burton oder Ivan Reitman getan hätten. Wonder Womans Entscheidungen sind auch in den Details nachvollziehbar und logisch. So ist sie in der Gegenwart Restauratorin für antike Kunst. Auch hier will sie schützen und erhalten, was vollkommen ihrem Charakter entspricht. Zudem stammt sie selbst aus dieser längst vergangenen Zeit, wodurch das Interesse für diesen Beruf sehr nahe liegt. Der Aufbau des Films ist frisch und abwechslungsreich. Die ersten Minuten betten uns in das neu entstandene DC Universum ein. Danach folgt Dianas Vorgeschichte, sowie innerhalb dieser, die Einarbeitung der Story und des Plots in die griechische Mythologie. Dabei erzählt Wonder Woman die Geschichte einer klassischen Heldenreise. Ein behütet aufgewachsenes Mädchen, zieht durch eine Krise oder durch das erregende Moment los, um im Prozess des Erwachsenwerdens ihr Schicksal zu erfüllen. Diana ist nicht Luke Skywalker, doch lassen sich hierdurch und wegen ihrem Mut und ihrer „Macht“ erstaunliche parallelen entdecken. Petty Jenkins hat in der Umsetzung, wie auch Drehbuchautor Allan Heinberg in der Adaption, auf Details geachtet und auch davon profitiert der Film auf ganzer 141 Minütiger Länge. So wurde für Wonder Woman ein ganz eigener Kampfstil, eine ganz eigene Choreographie herausgearbeitet. Es sind nicht die üblichen Kampfabläufe wie wir sie schon vor zehn Jahren überdrüssig waren. Nein, sie kämpft eher am Boden entlang, leistet Fußarbeit und kickt ein ums andere Mal dem Gegner einfach die Beine weg, was erfrischend ist, weil anders. In gewisser Weise wirkt diese Art des Beinkampfes auch wie eine Parodie, denn uns werden Action-Kicks von Frauen – aufgrund des Blickwinkels – normalerweise eher in einer hohen Ausführung dargeboten. Aus kleinen Nebenmomenten heraus lernen wir, das Diana Babys und Eiscreme mag. Das macht liebenswert und sympathisch, weil es die menschlichen und kleinen Charakterzüge zu Tage fördert. Dabei wurde letzteres sogar als Schmunzeleinlage aus den Comics übernommen. Bemerkenswert ist auch, dass Wonder Woman tatsächlich die erste Superheldin der neu entstandenen Filmära ist, welche als Hauptfigur ihren eigenen Film trägt. Marvels Frauen sind dabei nur Randbemerkungen, Black Widow, Scarlet Witch, Jean Grey, nichts, weit und breit keine Weibliche Hauptrolle. Die Filme heißen Thor, Doctor Strange, Captain America, Black Panther, Iron MAN, Spider-MAN, Ant-MAN und wer weiß schon, welcher Mann hier noch ausgegraben wird. Immerhin, Captain Marvel steht bei DC an und unbekanntlich ist dies ja eine Frau. Auch der Soundtrack des Films schafft es, Gefühle und Stimmungen richtig einzufangen, um sie dann bereichernd zu verstärken. Ebenfalls muss Heinbergs Leistung, einen dreifachen – wenn gleich allzu vorhersehbaren – plot twist einzubauen, mehr als gewürdigt werden. So ist in der Auflösung, im dritten Akt, nicht Ludendorff Ares, sondern Sir Patrick Morgan. Dianas Schwert ist gar nicht der Gotttöter, sondern sie selbst ist es. Und Dianas Ursprung ist auch nicht die Erschaffung aus Lehm, sondern die Liebe zwischen Zeus und Hippolyta. Alles in allem war ich anfänglich überrascht und letztendlich begeistert. Diana will die Brücke für ein besseres Verständnis zwischen allen Menschen sein. Ich weiß nicht, ob das vielleicht eine unmögliche Aufgabe ist, doch die Brücke zum Zuschauer, die konnte sie erfolgreich aufbauen. Ich konnte mitleiden, ich konnte mitfühlen, und am Ende ist dies doch das höchste Ziel, welches es zu erreichen gilt.